Anatomie & Funktion

Schmerzen im Bereich der Bizepssehne am Schultergelenk äußern sich häufig am vorderen, schulternahen Bereich des Oberarms. Unterschiedliche Erkrankungen im Bereich der Bizepssehne können zu Problemen führen.

Der Musculus Biceps ist ein großer, kräftiger Muskel des Oberarms, der aus zwei Köpfen (Caput longum=lange Bizepssehne und Caput breve= kurze Bizepssehne) besteht. Sowohl die lange Bizepssehne (LBS), als auch die kurze Bizepssehne haben ihren Ursprung am Schulterblatt (Scapula). Die LBS entspringt am oberen Rand der Gelenkpfanne des Schultergelenks und zieht in einer Rinne (Sulcus intertubercularis) über den Oberarmkopf (Humerus). Verstärkungsbänder sorgen dafür, dass die LBS auf ihrem Weg in diesem Sulcus umgelenkt und gehalten wird (Pulley-System). Die kurze Bizepssehne entspringt an einem Knochenvorsprung (Processus coracoideus) des Schulterblatts. Im oberen Drittel des Oberarms vereinen sich beide Sehnenanteile zu dem großen, kräftigen M. Biceps, der dann mit einer Sehne an der Speiche (Radius) des Unterarms ansetzt.

Der M. Biceps ist für verschiedene Bewegungen sowohl im Schultergelenk als auch im Ellenbogengelenk verantwortlich. Im Schultergelenk unterstützt er das Heben des Arms nach vorne (Anteversion), die Rotation des gesteckten Arms nach innen (Innenrotation) und die Bewegung des gestreckten Arms vom Körper weg (Abduktion). Im Ellenbogengelenk ist der M. Biceps der Hauptbeuger (Flexion) und ermöglicht bei 90° angewinkeltem Ellenbogen das Auswärtsdrehen der Hand (Supination). Zusätzlich zu diesen Bewegungsfunktionen hat die LBS die Funktion, den Oberarmkopf in der Gelenkpfanne zu stabilisieren.

Durch die anatomischen Besonderheiten der LBS ist diese im Gegensatz zu der kurzen Bizepssehne am häufigsten von Erkrankungen, z.B. Verletzungen, Entzündungen oder einer Instabilität, betroffen. Die Läsion kann dabei im Bereich des Schultergelenks, am oberen Rand der Gelenkpfanne (SLAP-Region) oder im Verlauf der Sehne im Schultergelenk oder am Übergang der knöchernen Rinne am Oberarmkopf lokalisiert sein (Pulley).

Eine Überlastung der Sehne nach vermehrter Beanspruchung (Krafttraining, Rudern) kann entzündliche Schmerzen (Bizepstendinitis) am Sehnengleitgewebe auslösen.

Bei einer proximalen Bizepssehnenruptur ist die LBS im Bereich des Schultergelenks (körpernah, proximal) im Verlauf der Sehne betroffen. Ein Riss der distalen Bizepssehne im Bereich der Ellenbeuge (körperfern) oder ein Riss der kurzen Bizepssehne (körpernah) ist sehr selten. Es kann aber auch ein Riss/Einriss direkt an der Aufhängung der Sehne an der Gelenkpfanne im Bereich der Gelenklippe (Labrum) entstehen (SLAP-Läsion). Eine Instabilität der LBS am Übergang zum Oberarmkopf durch resultierende Schädigung der Umlenkbänder der Muskelsehnen nennt sich Pulley-Läsion.

Symptome & Beschwerden

Anzeichen für eine Bizepssehnen-Problematik können sein:

  • Plötzlicher Schmerz im vorderen Bereich des Oberarms
  • Schmerzen bei bestimmten Bewegungen (z.B. Sport, Überkopftätigkeiten)
  • Ruheschmerz
  • Kraftverlust, Schwächegefühl
  • Bluterguss, Schwellung
  • Popeye-Sign (Absinken des Muskelbauchs)

Die Symptome bei einer Bizepssehnen-Problematik variieren je nach Lokalisation und Ursache der Schädigung.

Bei einem Riss der LBS kommt es zu einem plötzlichen Auftritt von Schmerzen im vorderen Oberarm, begleitet von einer Druckempfindlichkeit in diesem Bereich. Bestimmte Bewegungen wie das Anheben des Arms oder die Beugung und die Auswärtsdrehung im Ellenbogengelenk sind nur noch unter Schmerzen möglich. Auch sind diese Bewegungen von Kraftlosigkeit begleitet. Deutlich sichtbar ist bei einem Riss der LBS eine Einblutung im Gewebe.

Ein typisches Zeichen für einen Riss der LBS ist das Popeye-Sign: Beim Anspannen des M. Biceps wird ein Absinken des Muskelbauchs Richtung Ellenbeuge sichtbar.

Eine Entzündung der Sehne durch Überlastung verursacht häufig Ruheschmerzen oder auch nächtliche Schmerzen.

Ursachen

Ursachen für Veränderungen der Bizepssehne sind u.a.:

  • Überlastungsbedingt
  • Altersbedingt (degenerativ)
  • Unfallbedingt (traumatisch) 

Eine Überlastung der Sehne nach vermehrter Beanspruchung (z.B. Krafttraining, Rudern) kann zu einer schmerzhaften Entzündung des Sehnengewebes (Bizepstendinitis) führen.

Sportler insbesondere der Wurfsportarten (Volleyball, Speerwurf) sind durch degenerative Rissbildungen der Sehne prädestiniert für Probleme der LBS.

Ein Riss der LBS bei älteren Patienten/-innen wird meist durch altersbedingte Verschleißerscheinungen im Schultergelenk wie z.B. ein länger bestehendes Impingement-Syndrom oder eine Schulterarthrose verursacht.

Bei jüngeren Patienten/-innen entsteht ein Riss der LBS meist durch einen Unfall oder durch eine übermäßig starke Belastung beim Sport.

Reißt die LBS an ihrem Ursprung am oberen Rand der Gelenkpfanne ein, und wird dabei die Gelenklippe (Labrum) mit abgelöst, spricht man von einer SLAP-Läsion. Eine SLAP-Läsion kann durch ein akutes Trauma, wie z.B. ein Zug auf die vorgespannte Bizepssehne, durch einen Sturz auf die Schulter, durch ein Herausspringen des Oberarmkopfes aus der Pfanne (Luxation) oder auch bei Kontaktsportarten (z.B. Handball) entstehen.

Diagnose

Da die bildgebende Diagnostik häufig keine eindeutigen Veränderungen der Bizepssehne aufweist, ist eine langjährige ärztliche Erfahrung zur Diagnosestellung unabdingbar. Unsere erfahrenen Schulterspezialisten werden Sie in einem ausführlichen Gespräch hinsichtlich Ihrer genauen Beschwerden befragen. Dazu werden sie unter anderem auf die Auslöser, die Dauer und die Stärke Ihrer Beschwerden eingehen.

Weiterhin wird eine gründliche, funktionelle Untersuchung durchgeführt, in der sowohl die Bewegungs-, als auch die Kraftfähigkeit im Schulter- und Ellenbogengelenk überprüft wird. Auch wird die Lage des Muskelbauchs (Popeye-Sign) überprüft.

Sollte sich der Verdacht auf einen Bizepssehnen-Riss erhärten, wird im Anschluss an die funktionelle Untersuchung eine bildgebende Diagnostik durchgeführt. Dabei können eine Ultraschall-, eine Röntgen- und/oder eine MRT-Untersuchung zum Einsatz kommen. In einer Ultraschalluntersuchung kann z.B. Flüssigkeit um das Sehnengewebe der LBS herum (Entzündung, Einblutung) festgestellt werden. Auch kann die Lage der LBS im Sulcus des Oberarmkopfes oder eine eventuelle Luxation der Sehne aus dem Sulcus beurteilt werden. Eine Röntgenaufnahme dient zum Ausschluss einer knöchernen Fraktur. Mittels Kernspinuntersuchung (MRT) kann eine Mitbeteiligung der Rotatorenmanschette (Schultergelenk-stabilisierende Muskulatur), eine Rissbildung der Sehne im Bereich der Gelenklippe (Labrum) = SLAP-Läsion oder auch Veränderungen des sehnenhaltenden Pulley-Systems entdeckt werden.

Behandlung

Je nach Ursache der Beschwerden kommen verschiedene Therapieoptionen mit konservativem oder operativem Behandlungsansatz in Frage.

Die Wahl der Therapie ist sehr individuell und hängt von verschiedenen Faktoren, wie dem Alter des/der Patienten/-in oder dem Grad der sportlichen Aktivität im Alltag ab. Unsere erfahrenen Ärzte werden Sie diesbezüglich kompetent beraten. Bei einem Popeye-Zeichen steht der kosmetische Aspekt im Vordergrund.

Konservative Therapie:

Folgende konservative Therapien sind möglich:

  • Schonung, Kühlung (PECH-Regel)
  • Medikamentöse Therapie: Schmerzmittel, Injektionen (Kortison, Thrombozytenreiches Plasma)
  • Physiotherapie
  • Physikalische Therapie: Elektrotherapie (TENS)
  • Stoßwellentherapie

Die sogenannte PECH-Regel (Pause, Eis, Kompression, Hochlagern) kommt meist direkt nach Unfällen oder Sportverletzungen zum Einsatz. Die betroffene Körperpartie, in diesem Fall der Oberarm, sollte direkt ruhiggestellt und geschont werden. Zudem sollte eine Kühlung erfolgen, um die Schwellung zu reduzieren und Schmerzen zu mindern. Die Kompression der Körperpartie soll etwaige Blutungen reduzieren und das Hochlagern den Rückfluss des Blutes erleichtern.

Zur Schmerzreduktion können Schmerzmittel aus der Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) angewendet werden. Sollte dies nicht ausreichen, können lokale Injektionen von schmerzstillenden und entzündungshemmenden Mitteln erfolgen (z.B. Kortison, Thrombozytenreiches Plasma, Traumeel S®).

Im weiteren Verlauf sollte eine gezielte Physiotherapiebehandlung zur Kräftigung der Rotatorenmanschetten-Muskulatur begonnen werden, um die Stabilisation des Schultergelenks zu erreichen, was zu einer Entlastung der LBS führt.

Eine Sehnenentzündung (Bizepstendinitis) wird zunächst immer konservativ behandelt. Hier kommt die symptomatische Schmerztherapie (z.B. mit NSAR) zum Tragen. Zudem kann eine Infiltrationsbehandlung z.B. mit einem lokalen Kortikoid, mit Thrombozytenreichem Plasma oder auch mit einer naturheilkundlichen homöopathischen Substanz (Traumeel S®) durchgeführt werden. Auch eine Stoßwellentherapie kann erfolgreich sein, indem der Stoffwechsel gezielt im Sehnenbereich angeregt wird.

Bei einer Ruptur der LBS kann sowohl eine konservative Therapie als auch eine Operation zum Einsatz kommen. Unsere Schulterspezialisten im Orthozentrum beraten Sie diesbezüglich gerne weiter.

Operation:

Bei einem ausbleibenden, konservativen Therapieerfolg der Bizepssehnen-Entzündung (Tendinitis) kann ein operativer Eingriff zum Erfolg führen. Dabei wird die LBS durchtrennt (Tenotomie) und ggf. im Verlauf der Operation wieder angeheftet (Tenodese). Diese Operation wird in der Regel arthroskopisch durchgeführt.

Bei einem Einriss oder Abriss der LBS am oberen Rand der Gelenkpfanne mit Einriss der Gelenklippe der Pfanne (SLAP-Läsion) wird in der Regel eine Operation mittels Gelenkspiegelung (Arthroskopie) durchgeführt. Der Operateur kann dabei mittels Kamera mit Lichtquelle das Ausmaß der Bizepssehnen-Verletzung einsehen und ggf. die Sehne mittels Nahtanker im Bereich der Gelenkpfanne zusammen mit den abgelösten Labrumanteilen refixieren. Alternativ kann während der Operation die LBS durchtrennt werden (Tenotomie), die dann im Verlauf der Operation an anderer Stelle knöchern oder weichteilig wieder angeheftet werden kann (Tenodese).

OP auf einen Blick:

  • Operationszeit: 60 min.
  • Narkose: Vollnarkose
  • Klinikaufenthalt: stationär
  • Arbeitsfähig: je nach Tätigkeit zwischen 4-8 Wochen
  • Return to sports (RTS): 10-12 Wochen

Nachbehandlung

In den ersten Wochen nach der Operation sollte der M. Biceps geschont werden. Im weiteren Verlauf sollte eine gezielte physiotherapeutische Behandlung begonnen werden. Nach einer Wiederanheftung der Sehne ist eine Schonung für 6 Wochen erforderlich, damit die Sehne wieder anheilen kann. Hierbei dürfen insbesondere keine Gewichtsbelastungen des M. Bizeps sowie keine aktiven Drehbewegungen im Unterarm gegen Widerstand erfolgen.

FAQs

Wir bieten alle konservativen und operativen Therapiemögichkeiten an.

Für Sofortmaßnahmen direkt nach Unfällen oder Sportverletzungen können Sie sich die sogenannte PECH-Regel (Pause, Eis, Kompression, Hochlagern) merken. Die betroffene Körperpartie, in diesem Fall der Oberarm, sollte direkt ruhiggestellt und geschont werden. Zudem sollte eine Kühlung erfolgen, um die Schwellung zu reduzieren und Schmerzen zu lindern. Die Kompression der Körperpartie soll etwaige Blutungen reduzieren und das Hochlagern den Rückfluss des Blutes erleichtern. Zur Schmerzreduktion können Schmerzmittel aus der Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) verwendet werden.

Sollten Sie noch weitere Fragen haben oder einen Termin bei uns vereinbaren wollen, zögern Sie nicht uns unter der Telefonnummer 0761 7077300, per Email info@orthozentrum-freiburg.de oder über unser Kontaktformular zu kontaktieren. Gerne können Sie auch über die Online-Plattform www.doctolib.de oder über die Doctolib App einen Termin buchen.

dr dan potthoff
  • Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie
  • Künstlicher Gelenkersatz an Knie– und Hüftgelenken
  • Knorpelchirurgie
  • Arthroskopische Chirurgie
  • Gelenkverschleiß (Arthrose), Sportverletzungen
  • Konservative Orthopädie