Anatomie & Funktion

Kurz vor Abschluss des Längenwachstums sollte die Beinachse des Heranwachsenden nahezu gerade ausgerichtet sein, was einen aufrechten Gang und eine optimale Belastungsverteilung auf die Kniegelenke ermöglicht.

X-Beine (Genu valgum) bzw. O-Beine (Genu varum) bezeichnen Achsfehlstellungen der Beine, die mit einer vermehrten Belastung der Kniegelenke einhergehen können.

Wichtig zu wissen ist hierbei, dass Abweichungen kindlicher Beinachsen auch im Rahmen der natürlichen Entwicklung auftreten und in diesen Fällen keiner Therapie bedürfen. Im Säuglingsalter sind O-Beine typisch, im Kindergarten- und Grundschulalter dagegen X-Beine.

Symptome & Beschwerden

Anzeichen für eine Achsfehlstellung der Beine können sein:

  • Sichtbare Fehlstellung der Beine
  • Beeinträchtigung des Gangs
  • Knieschmerzen

Im Kindes- und Jugendalter stellt eine Achsfehlstellung des Kniegelenks für die Betroffenen hauptsächlich eine kosmetische Beeinträchtigung dar. Schmerzen und funktionelle Probleme treten in der Regel erst im Erwachsenenalter auf. Dies kann jedoch abhängig vom Schweregrad variieren.

Die Verlagerung der normalen Beinachsen führt zu einer vermehrten Belastung des Kniegelenks in bestimmten Bereichen. Bei O-Beinen ist die Tragachse nach innen verlagert, wodurch das innere Kniekompartiment besonders beansprucht wird und es typischerweise zu Knieschmerzen auf der Innenseite kommt. X-Beine führen zu einer Verschiebung der Tragachse nach außen und damit zu einer Belastung des äußeren Kniekompartiments, was in Knieschmerzen auf der Außenseite resultieren kann.

Eine gefürchtete Komplikation von Achsfehlstellungen ist der Gelenkverschleiß im Kniegelenk, eine sogenannte Arthrose. Durch den Verlust von Gelenkknorpel können die Gelenkflächen nicht mehr optimal miteinander interagieren und Schmerzen und Bewegungseinschränkungen sind die Folge. Diese Gefahr ist bei O-Beinen deutlich größer als bei X-Beinen.

Ursachen

Ursachen für eine Achsfehlstellung der Beine sind u.a.:

  • Normaler Entwicklungsprozess
  • Genetisch
  • Knochenbrüchen
  • Überlastung beim Sport (v.a. bei Fußball)
  • Übergewicht
  • Vitamin-D-Mangel (Rachitis)

Im Rahmen des Wachstums kommt es zu typischen Veränderungen kindlicher Beinachsen. So entsprechen im Säuglingsalter O-Beine der Norm und im Kindergarten- und Grundschulalter finden sich X-Beine.

Die Ursachen für krankhafte Beinfehlstellungen sind meist nicht bekannt. Es wird davon ausgegangen, dass in der Mehrzahl der Fälle genetische Faktoren für die Beinfehlstellungen verantwortlich gemacht werden können.

Darüber hinaus können Knochenbrüche zu Wachstumsstörungen und im Verlauf zu Achsfehlstellungen führen.

Auch bestimmte Sportarten oder Übergewicht können durch die zusätzliche Belastung zur Verformung der Knochen beitragen. Ein typisches Beispiel ist das Entstehen von O-Beinen im Leistungs-Fußball bei Kindern und Jugendlichen mit offenen Wachstumsfugen. Übergewichtige Jugendliche leiden häufiger an X-Beinen als normalgewichtige Altersgenossen.

Durch die Einführung einer regelmäßigen Gabe von Vitamin D im Säuglings- und Kleinkindsalter ist der Vitamin-D-Mangel, auch Rachitis genannt, selten geworden, kommt aber immer noch vor. Vitamin D ist essenziell für den Knochenstoffwechsel. Bei einem Mangel kann es zu einer Verbiegung von Knochen und somit zum Entstehen von X- bzw. O-Beinen kommen.

Diagnose

Unser Spezialist für Kinderorthopädie Priv.-Doz. Dr. Pestka wird Sie und Ihr Kind in einem ausführlichen Gespräch bezüglich eventueller Symptome und Beschwerden befragen. Darauf folgt eine sorgfältige körperliche Untersuchung, in der vor allem die Beurteilung der Beinachsen im Stehen entscheidend ist.

Um Achsfehlstellung exakt bestimmen zu können, kann im Anschluss ein Röntgenbild der Beine angefertigt werden.

Behandlung

Konservative Therapie:

Folgende konservative Therapien sind möglich:

  • Beobachten und Abwarten
  • Physiotherapie

Je nach Alter und Schweregrad der Fehlstellung kann eine abwartende Haltung eingenommen werden, da sich ggf. im weiteren Verlauf des Wachstums die Achsfehlstellung korrigiert. Regelmäßige Kontrollen sind meist unverzichtbar.

Im Rahmen einer konservativen Therapie kann eine Physiotherapie zur Stärkung der Muskulatur beitragen. Die Achsfehlstellung wird dadurch zwar nicht beeinträchtigt, jedoch können durch die vermehrte Stabilisation des Kniegelenks Schmerzen reduziert werden.

Je nach Ursache wird gegebenenfalls eine spezifische Therapie erforderlich, z.B. eine Gewichtsabnahme oder eine Vitamin D-Gabe.

Operation:

Durch die Gefahr einer Arthrose im Erwachsenenalter sollten Achsfehlstellungen vor Abschluss des Wachstums korrigiert werden. Im Kindesalter besteht eine elegante Möglichkeit mit wenig Aufwand, durch eine Wachstumslenkung am Kniegelenk eine Korrektur der Fehlstellung zu erzielen. Diese Operation wird temporäre Hemiepiphyseodese genannt.

Voraussetzung für diesen Eingriff sind noch offene Wachstumsfugen im Kniegelenksbereich. Bei diesem Eingriff wird am kniegelenksnahen Ober- oder Unterschenkelknochen die offene Wachstumsfuge von innen (bei X-Beinen) oder außen (bei O-Beinen) blockiert. Das Wachstum auf der gegenüberliegenden Seite der Wachstumsfuge kann dann im Verlauf des weiteren Wachstums die Fehlstellung ausgleichen. Hierfür verwenden wir eine spezielle kleine Platte (sog. „eight-plate“), die über einen kleinen Hautschnitt eingebracht werden kann. Ohne die Wachstumsfuge zu verletzen, wird die Platte mit zwei Schrauben ober- und unterhalb der Fuge im Knochen fixiert und überbrückt und blockiert sie auf einer Seite.

Nach Abschluss des Wachstums sind solche Eingriffe nicht mehr möglich. Stattdessen muss eine aufwändigere Operation, eine sogenannte Umstellungsosteotomie, erfolgen.

Im Orthozentrum Freiburg wird unser Kinderorthopäde Priv-Doz. Dr. Pestka Sie gerne weiter beraten und offene Fragen beantworten.

Alles auf einen Blick:

  • Operationszeit: 20 min pro Platte mittels ca. 2 cm großem Hautschnitt, also minimalinvasiv
  • Narkose: Vollnarkose
  • Klinikaufenthalt: stationär
  • Sportfähig: nach Abschluss der Wundheilung

Nachbehandlung

Nach der Operation sollte das Bein für die Dauer der Wundheilung, also 14 Tage, geschont werden. Da es sich zwar um einen kleinen Eingriff handelt, der aber trotzdem Schmerzen verursacht, ist ein stationärer Aufenthalt notwendig. Dieser beträgt in der Regel nicht länger als drei Tage. Bereits 14 Tage nach dem Eingriff sind sportliche Aktivitäten wieder erlaubt. In den folgenden Monaten wird das weitere Längenwachstum Ihres Kindes die Korrektur der Fehlstellung herbeiführen. Um den optimalen Zeitpunkt zur Entfernung der Platte zu bestimmen, sind regelmäßige klinische Kontrollen in unserer Praxis notwendig. Diese sind sehr wichtig, damit es nicht zur Überkorrektur der Beinachse kommt. Der Zeitpunkt der Metallentfernung ist abhängig von der Wachstumsgeschwindigkeit und dem Ausmaß der präoperativen Fehlstellung. Bei der Metallentfernung handelt es sich um einen kleinen ambulanten Eingriff.

FAQs

Persistieren O-Beine über das 2. Lebensjahr bzw. X-Beine über das 10. Lebensjahr hinaus oder handelt es sich um sehr starke Abweichungen der Beinachsen, sollten Sie einen Arzt aufsuchen. Auch bei Knieschmerzen oder funktionellen Einschränkungen ist eine frühzeitige ärztliche Beratung sinnvoll, besonders in Anbetracht der Tatsache, dass eine Therapie am besten bei offenen Wachstumsfugen durchgeführt werden kann.

Sollten Sie noch weitere Fragen haben oder einen Termin bei uns vereinbaren wollen, zögern Sie nicht uns unter der Telefonnummer 0761 7077300, per E-Mail info@orthozentrum-freiburg.de oder über unser Kontaktformular zu kontaktieren. Gerne können Sie auch über die Online-Plattform www.doctolib.de oder über die Doctolib App einen Termin buchen.

dr jan m pestka

Spezialist für Kinderorthopädie in Freiburg

Priv.-Doz. Dr. med. Jan M. Pestka

  • Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie in Freiburg
  • Osteologie
  • Minimal invasive/konservative Wirbelsäulentherapie