Anatomie & Funktion

Rückenschmerzen sind weit verbreitet. Laut einer Studie des Robert-Koch-Instituts litten über 60 % der Deutschen in den letzten 12 Monaten an Rückenschmerzen (Krankheitslast-Studie BURDEN 2020). Rückenschmerzen stellen durch die hohen Kosten, die Diagnostik und Therapie mit sich bringen, nicht nur eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung dar, sondern durch die teils starke Einschränkung der Lebensqualität auch eine Herausforderung für die Betroffenen selbst.

Die Wirbelsäule besteht aus insgesamt 24 Wirbelkörpern und kann in Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule eingeteilt werden. Zwischen den Wirbelkörpern befinden sich die Bandscheiben (Disci intervertebralis), die durch ihre Stoßdämpfer-Funktion einen wesentlichen Teil zur Entlastung der Wirbelsäule beitragen. Eine weitere Verbindung der einzelnen Wirbelkörper stellen die Zwischenwirbelgelenke der Wirbelbögen (Facettengelenke) dar. Die Wirbelkörper bilden mit den Wirbelbögen den Wirbelkanal (Spinalkanal), in dem das Rückenmark verläuft. Das Rückenmark zählt ebenso wie das Gehirn zum zentralen Nervensystem des Menschen. Aus dem Rückenmark entspringen die Spinalnerven, die durch die Zwischenwirbellöcher (Foramina intervertebralia) aus dem Spinalkanal treten. Sie enthalten sensible und motorische Nerven, die zum einen Sinnesinformationen aus der Körperferne in das Gehirn weiterleiten und zum anderen für die Steuerung von Muskelfunktionen verantwortlich sind.

Im Alter kommt es bei nahezu jedem Menschen zu altersbedingten Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule, z.B. zum Höhenverlust und zur Vorwölbung der Bandscheiben. Solche Veränderungen können sogar schon bei 20-Jährigen in der Kernspintomografie (MRT) beobachtet werden. Ohne begleitende Beschwerden besitzen sie keinen Krankheitswert und erfordern keine Therapie.

Symptome & Beschwerden

Weitere Symptome bei Rückenschmerzen können sein:

  • Plötzliche Schmerzen bei Belastung
  • Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule
  • Schonhaltung
  • Warnzeichen: Gefühlsstörungen, Lähmungen, Störungen der Blasen- und Darmentleerung, Fieber

Durch die vielfältigen Ursachen von Rückenschmerzen unterscheiden sich die Rückenschmerzen auch im Hinblick auf die Symptome. Der Rückenschmerz kann dauerhaft bestehen oder immer wieder bei bestimmten Bewegungen auftreten. Eine Ausstrahlung des Schmerzes in das Gesäß oder in die Beine ist möglich. In der Mehrzahl der Fälle ist die Lendenwirbelsäule betroffen.

Oft wird von den Betroffenen eine Schonhaltung eingenommen, die jedoch einen Teufelskreislauf nach sich zieht: Durch die körperliche Inaktivität kommt es verstärkt zu Muskelverspannungen und -verkürzungen, die wiederum den Schmerz verschlimmern.

Neben den oben aufgeführten Symptomen, die erstmal keine weitere Diagnostik erforderlich machen, sollte das Bestehen von Warnzeichen (englisch sog. „red flags“) ausgeschlossen werden. Dazu gehören unter anderem Gefühlsstörungen, wie zum Beispiel ein Kribbeln oder ein Taubheitsgefühl, da diese auf Nervenirritationen hinweisen. Ein weiteres Warnzeichen sind Lähmungserscheinungen, bei denen einzelne Muskeln nur noch abgeschwächt oder gar nicht mehr bewegt werden können. Beispielsweise kann der große Zeh oder der gesamte Fuß in so einem Fall nicht mehr angehoben werden. Auch bei einer plötzlichen Unfähigkeit, die Blase oder den Darm zu entleeren, oder bei einer plötzlich auftretenden Inkontinenz sollte weitere Diagnostik angeschlossen werden.

Ursachen

Ursachen für Rückenschmerzen sind u.a.:

Rückenschmerzen können in spezifische und unspezifische Rückenschmerzen eingeteilt werden. In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich um unspezifische Rückenschmerzen, bei denen keine Ursache gefunden werden kann. Spezifischen Rückenschmerzen liegt dagegen eine bestimmte Erkrankung zugrunde, z.B. ein Bandscheibenvorfall (Prolaps).

Auch wenn für die Entstehung von unspezifischen Rückenschmerzen keine genaue Ursache gefunden werden kann, können einige Faktoren, die ihr Auftreten wahrscheinlicher machen, ausgemacht werden. Hierbei sind vor allem Lebensstilfaktoren entscheidend, insbesondere langes Sitzen und mangelnde Bewegung im Alltag. Im Mittel sitzen Deutsche je nach Alter über sieben Stunden täglich. Die Folge sind Muskelverkürzungen und schmerzhafte Muskelverspannungen im Bereich des unteren Rückens, der Hüfte und der Oberschenkel.  Auch Rauchen, psychische Belastungen und Übergewicht erhöhen die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von unspezifischen Rückenschmerzen.

Im Hinblick auf die Ursachen von spezifischen Rückenschmerzen werden im Folgenden Einige beispielhaft aufgeführt:

Eine der häufigsten Ursachen sind Bandscheibenvorfälle, bei denen es zum Austritt von Bandscheibengewebe in den Wirbelkanal kommt. Dies kann zu einer schmerzhaften Einengung von Nerven führen.
Eine Spinalkanalstenose, die aufgrund einer Engstelle im Wirbelkanal (Spinalkanal) entsteht, kann ebenfalls spezifische Rückenschmerzen auslösen. Typisch sind dabei Schmerzen, die beim Gehen auftreten und bis in die Beine ausstrahlen können. Meist bleiben die Betroffenen aufgrund der Schmerzen nach einer gewissen Gehstrecke stehen, warten das Verschwinden der Schmerzen ab und gehen erst dann wieder weiter.
Des Weiteren können untere Rückenschmerzen durch das ISG-Syndrom verursacht werden. Unter diesem Sammelbegriff werden Schmerzen des Iliosakral-Gelenks (ISG), die durch vielfältige Ursachen entstehen können, zusammengefasst. In der Regel treten einseitige Schmerzen im unteren Rücken auf, die in das Gesäß und/oder in das Bein ausstrahlen.

Diagnose

Das Ziel der Diagnostik ist vor allem die Unterscheidung zwischen spezifischen und unspezifischen Rückenschmerzen.

Unser Wirbelsäulenspezialist Priv.-Doz. Dr. Pestka wird Sie in einem persönlichen Gespräch zu Ihren Beschwerden befragen. Dabei werden Ihnen u.a. Fragen bezüglich des Auslösers, dem zeitlichen Verlauf und der Stärke der Schmerzen gestellt.

Danach wird eine körperliche Untersuchung durchgeführt. Die Wirbelsäule wird auf Fehlhaltungen untersucht, abgetastet und abgeklopft. Oft kann in dem Bereich der Schmerzen ein sogenannter Hartspann, eine Verhärtung der Muskulatur, getastet werden. Zusätzlich wird die Beweglichkeit der Wirbelsäule geprüft.

Zusätzlich können weitere Test, beispielsweise der Lasègue-Test, durchgeführt werden: Die zu untersuchende Person liegt auf dem Rücken und der/die Untersucher/-in hebt das gestreckte Bein hoch. Verspürt die zu untersuchende Person nun einen einschießenden Schmerz, spricht dies für eine Reizung eines Nervens, wie sie zum Beispiel bei einem Bandscheibenvorfall vorkommt.

Bestehen keine Warnzeichen und ergibt sich kein Hinweis auf eine bestimmte Ursache der Schmerzen, liegt ein unspezifischer Rückenschmerz vor, bei dem gemäß den aktuellen Empfehlungen keine Bildgebung durchgeführt werden muss. Gelegentlich wird aber trotzdem ein bildgebendes Verfahren, meist eine Kernspintomografie (MRT), durchgeführt. Diese Überdiagnostik kann nicht ganz folgenlos bleiben, da ab einem gewissen Alter nahezu jeder Mensch von symptomlosen altersbedingten Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule betroffen ist. In vielen Fällen wird ein vermeintlich krankhafter Befund in der Kernspintomografie entdeckt, der dann aufwändig therapiert wird. Somit hat die Überdiagnostik eine Übertherapie zur Folge. Lassen Sie sich von Priv.-Doz. Dr. med. Pestka beraten, ob eine weiterführende Diagnostik notwendig und medizinisch sinnvoll ist.

Insgesamt sollte also jede Bildgebung, die von der Wirbelsäule angefertigt werden soll, kritisch hinterfragt werden.

Behandlung

Konservative Therapie:

Die folgenden Behandlungsoptionen beziehen sich auf unspezifische Rückenschmerzen, d.h. dass sich während der Diagnostik keine Hinweise auf eine bestimmte Erkrankung ergeben haben. Im Falle von spezifischen Rückenschmerzen, bei denen eine Ursache gefunden wurde, muss eine gezielte Therapie eingeleitet werden, die in den jeweiligen Kapiteln beschrieben wird.

Folgende konservative Therapien sind möglich:

  • Regelmäßige körperliche Aktivität
  • Aufklärung der Patienten/-innen über gute Prognose und rückenschonendes Verhalten im Alltag
  • Medikamentöse Therapie: Schmerzmittel
  • Physikalische Therapie: Wärme
  • Physiotherapie, Rückenschule
  • Entspannungstechniken, Akupunktur

Bewegung stellt eine der wichtigsten Therapien zur Linderung von Rückenschmerzen dar. Damit soll der Teufelskreislauf aus Rückenschmerzen, körperlicher Schonung und weiteren Muskelverspannungen durchbrochen werden. Die erste Rückenschulregel lautet daher: „Du sollt dich bewegen!“ Alle Arten von Bewegung sind angebracht, solange sie keine Rückenschmerzen provozieren. Im Mittelpunkt des Bewegungsprogrammes bei chronischen Rückenschmerzen stehen wirbelsäulenfreundliche Sportarten wie Schwimmen, Laufen und Radfahren. Aber auch andere Bewegungsmuster, die ohne Hohlkreuz- bzw. Rundrückenbildung mit Rotationsbewegungen einhergehen, helfen bei der Kräftigung und Mobilisation der Wirbelsäule.

Der ausführlichen Aufklärung der Patienten/-innen über ihre Erkrankung kommt ebenfalls eine große Bedeutung zu. Dazu gehört zum Einen die gute Prognose von Rückenschmerzen: 90 % verschwinden innerhalb der ersten Woche wieder. Zudem ist es für Betroffene wichtig, die Risikofaktoren für die Entstehung von Rückenschmerzen zu kennen, um diese möglichst zu beseitigen und damit ein erneutes Auftreten möglichst zu verhindern. Dazu gehört das Vermeiden von längerem Sitzen, z.B. mithilfe von Stehtischen, und das Einrichten eines ergonomischen Arbeitsplatzes. Auch eine Gewichtsnormalisierung und eine Raucherentwöhnung können die Beschwerden positiv beeinflussen.

Zur akuten Schmerzlinderung und Hemmung von Entzündungsprozessen können Schmerzmittel aus der Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) eingesetzt werden. Sollte damit keine ausreichende Linderung der Schmerzen möglich sein, können zusätzlich schwach oder stark wirksame Opioide angewandt werden. Zusätzlich kann die Anwendung von Wärme, z.B. durch Wärmepflaster oder einem warmen Bad, hilfreich sein.

In einer Physiotherapie können Muskelverspannungen gelöst werden und die Rumpfmuskulatur gekräftigt werden, um so die Wirbelsäule zu entlasten. Die Teilnahme an einer Rückenschule soll u.a. zusätzlich Wissen vermitteln, wie der Alltag rückenschonend gestaltet werden kann. Dazu gehört beispielsweise, dass ein schwerer Gegenstand in der Hocke und mit geradem Rücken hochgehoben wird.

Im Rahmen der Behandlung von Rückenschmerzen, die über 12 Wochen anhalten und damit als chronisch gelten, können weitere Therapieverfahren zum Einsatz kommen. Dazu zählen Entspannungstechniken, z.B. die progressive Muskelrelaxation (PMR), oder Akupunktur.

Operation:

Eine Operation sollte bei unspezifischen Rückenschmerzen nicht zum Einsatz kommen. In Deutschland werden zahlreiche Operationen an der Wirbelsäule durchgeführt, die so gar nicht notwendig wären. Ein nicht zu vernachlässigender Teil der Patienten/-innen ist auch nach der Operation weiterhin von Schmerzen geplagt.

Demnach ist vor der Durchführung einer Operation an der Wirbelsäule das Einholen einer Zweitmeinung sehr zu empfehlen.

FAQs

Bei Rückenschmerzen können Sie Schmerzmittel aus der Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) einnehmen und eine Wärmflasche auf die betroffene Stelle legen. Sie sollten zu Hause vor allem auf ausreichend Bewegung achten und das Einnehmen einer Schonhaltung oder gar Bettruhe vermeiden. Sie können mit rückenschonenden Sportarten beginnen, zum Beispiel Schwimmen. Um in Zukunft solche Schmerzen möglichst zu verhindern, sollten Sie ein rückenschonendes Verhalten im Alltag entwickeln. Dazu gehört u.a., dass Gegenstände mit geradem Rücken aufgehoben werden und langes Stehen bzw. Sitzen vermieden wird.

In der Mehrzahl der Fälle verschwinden Rückenschmerzen innerhalb der ersten Woche auch ohne eine geeignete Therapie wieder. Mit den oben genannten Maßnahmen soll das erneute Auftreten von Rückenschmerzen möglichst verhindert werden. Ist dies nicht der Fall, kann entweder die Therapie intensiviert oder eine erneute Diagnostik durchgeführt werden.

Sollten Sie noch weitere Fragen haben oder einen Termin bei uns vereinbaren wollen, zögern Sie nicht uns unter der Telefonnummer 0761 7077300, per E-Mail info@orthozentrum-freiburg.de oder über unser Kontaktformular zu kontaktieren. Gerne können Sie auch über die Online-Plattform www.doctolib.de oder über die Doctolib App einen Termin buchen.

dr jan m pestka