Hüftmuskulatur und Kreuzbandverletzung
Hüftmuskulatur und Kreuzbandverletzung – welche Risikofaktoren gibt es ?
Die zunehmende Häufigkeit von Verletzungen des Vorderen Kreuzbandes insbesondere bei jugendlichen Fussballspielerinnen sowie insgesamt im Fussballsport hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die Verletzungswahrscheinlichkeit für eine Verletzung des vorderen Kreuzbandes ist im Fussballsport neben dem Skisport am höchsten.
Risikofaktor Muskeldysbalance
Einer der Gründe für diese erhöhte Anfälligkeit beim Fussballspiel ist,neben weiteren Ursachen, u.a. die durch die sportartspezifische Belastung erworbenen Dysbalancen (Ungleichgewicht) der Bein – und hüftumgreifenden Muskelgruppen. Gerade im Falle der fussballspielenden Sportlerin entwickelt sich oft aufgrund stereotyper einseitiger Kraftentwicklung und Beanspruchung eine Dysbalance zugunsten verkürzter Adduktoren (Hüftanspreizer) → VIDEO ANSEHEN. Dafür verantwortlich zeichnet beispielsweise die hohe Beanspruchung durch das Passspiel mit der Fußinnenseite mit dem Ergebnis einer Muskelabschwächung der Gegenspieler , der Hüftabduktoren (Hüftabspreizer) → VIDEO ANSEHEN.
Risikofaktor Anatomie
Unterschiedliche Anatomie des weiblichen und männlichen Beckenskelettes
Insbesondere bei weiblichen Sportlern kann diese gestörte Balance durch ihre anlagebedingte, der weiblichen Anatomie geschuldete und genetisch determinierte Becken- und Kniegelenkveränderungen, eine Stressbelastung auf das Vordere Kreuzband auslösen. Bei schnellen Drehbewegungen, nicht korrekt durchgeführten Landemanövern aus der Luft bei zusätzlich teilweise abweichender Stellungen der Beinachse ( z.b. X-Beine, Valgusmoment !) kommt dieses Phänomen besonders zu tragen. Eine aktuelle Veröffentlichung von Malloy,Philip ( Hip External Rotator Strength Is Associated With Better Dynamic Control of the Lower Extremity During Landing Tasks) erschienen im Journal of Strength & Conditioning Research vom Januar 2016, bestätigt die Ergebnisse unserer Untersuchungsreihe im Rahmen unseres Präventivscreenings und unserer personifizierter Rehabilitation – returntomove- back to sports.
Risikofaktor fehlende muskuläre Beckenstabilität
In unseren bisherigen Nachuntersuchungen (www.returntomove.com) nach Vorderer Kreuzbandplastik an mittlerweile über 80 operierten Kreuzbandpatienten (Alter 16-60, m:.50,w: 30) konnten wir bei nahezu 90 % eine fehlende Stabilität der hüftumgreifendenMuskelgruppen feststellen, insbesondere der Muskeln für die Abspreizung (Abduktoren) und Aussendrehung (externe Rotatoren) der Hüfte. Auffallend war dabei, dass nicht nur das Hüftgelenk auf der operierten Seite defizitär war, sondern in der Mehrzahl auch die vermeintlich gesunde Hüftgegenseite keine stabilisierende Funktionen aufwies. In unserer Untersuchungsreihe wurden neben sensomotorischen Tests, Landetechniken,plyometrischen Fähigkeiten, die maximale isometrische Hüftabspreizung (Abduktion) und die Kraft der Aussenrotatoren mit dem Dynamometer gemessen.
Wichtig in Rehabilitation und Prävention:
Die Untersuchung der Gelenke oberhalb und unterhalb des Kniegelenkes, der Muskelfunktionen der hüftumgreifenden Muskelgruppen und der Funktionsstatus der Lendenwirbelsäule ist zwingend erforderlich.
Risikoselektion sinnvoll oder Präventionsprogramm für jeden
Die schon heute insbesondere für Fussballerinnen empfohlenen Präventionsprogramme ( z.b.FIFA 11+) zur Verbesserung der Becken- und Rumpfstabilität sind deshalb empfehlenswert und sollten fester Bestandteil jeglichen wettkampforientierten Trainings sein, auch bei den männlichen Kollegen, vornehmlich in den Amateur-Leistungsklassen besteht hier erheblicher Handlungsbedarf. Auch gilt, schon in der unmittelbar postoperativen Reha nach einer Vorderen Kreuzbandplastik, frühzeitig derartige Schwächen zu erkennen, um so eine Risikoselektion von gefährdeten Sportlern und Sportlerinnen zu ermöglichen. Für den Operateur könnten o.g . Aspekte in der Operationsvorbereitung und Planung Bedeutung erlangen. Die personifizierte Kreuzbandplastik würde unter Berücksichtigung oben angeführter Hypothesen die Frage der Sehnenentnahme mit der auf der Innenseite befindlichen Semitendinosussehne gerade bei o.g. Klientel in Frage stellen.
So sollte gelten:
Die Behandlung und das operative Vorgehen richten sich am Patienten aus und nicht umgekehrt!
Der Tuck Jump Test
Der Tuck Jump Test liefert uns wesentliche Informationen über mögliche Defizite und Schwachstellen des Athleten insbesondere im Bereich seiner Becken-und Rumpfmuskulatur, Beinstellung bei der Landung, z.b. nach mehreren Sprüngen und Kontrolle der Beinachse. Im Rahmen unseres Präventionsscreenings –Präventco– und postoperativen Nachsorge z.b. nach einer Vorderen Kreuzbandplastik , ist dieser Test essentieller Bestandteil unserer Untersuchungsreihe: returntomove-back to sports.
Auszug aus unserer Übungsreihe zur Verbesserung der Becken-und Rumpfstabilität